letzte Aktualisierung am 9. August 2023 durch Redaktionsteam
Platon, der berühmte antike griechische Philosoph, ist bekannt für seine tiefgründigen und an Methaphern reichen Werke. In ihnen behandelt er grundlegende Fragen zur Natur, der Realität, der Erkenntnis und des Menschseins. Eines seiner faszinierendsten Konzepte sind die „Kugelmenschen“, die er in seinem Werk „Der Staat“ beschrieben hat.
Die Vorstellung der Kugelmenschen taucht in Platons berühmter Höhlengleichnis-Erzählung auf. In dieser Erzählung beschreibt Platon eine Gruppe von Menschen, die seit ihrer Geburt in einer dunklen Höhle gefangen sind. Sie sind an Händen und Füßen gefesselt, so dass sie nur auf eine Wand in der Höhle schauen können. Hinter ihnen brennt ein Feuer, und zwischen dem Feuer und den Gefangenen bewegen sich Menschen mit Gegenständen, die Schatten an die Wand werfen. Die Gefangenen nehmen diese Schatten als die einzige Realität wahr, da sie nichts anderes kennen.
Platon stellt nun die Frage, was passieren würde, wenn einer dieser Gefangenen aus der Höhle befreit würde und ins Freie gelangen könnte. Dort würde er die wirkliche Welt mit all ihren Farben, Formen und Dimensionen sehen. Anfangs könnte ihn das grelle Licht des Sonnenlichts blenden, aber allmählich würde er die Schönheit und Vielfalt der Außenwelt erkennen. Diese Reise der Erkenntnis symbolisiert den Prozess des Philosophierens und der Suche nach Wahrheit, der oft mit Anstrengung und Verwirrung verbunden ist.
Nun kommen die Kugelmenschen ins Spiel. In einem weiteren Gedankengang beschreibt Platon Wesen, die in einer anderen, idealen Welt existieren. Diese Wesen sind Kugeln aus Licht, die sich in harmonischen Bewegungen und Formationen bewegen. Sie kommunizieren miteinander über Gedanken und sind von den physischen Begrenzungen des Körpers befreit. Die Kugelmenschen symbolisieren Platons Vorstellung von Ideen oder Formen, die die wahren und ewigen Grundlagen für die sichtbare Welt darstellen.
Die Verbindung zwischen den Kugelmenschen und dem Höhlengleichnis besteht darin, dass die Gefangenen in der Höhle die Schatten für die Realität halten, ähnlich wie die Menschen in der physischen Welt die materielle Realität für das Höchste halten könnten. Die Kugelmenschen repräsentieren die höhere Ebene der Wahrheit und des Erkennens, die über die Sinneserfahrung hinausgeht.
Platons Kugelmenschen-Konzept unterstreicht die zentrale Rolle der Philosophie bei der Suche nach tieferem Verständnis und Wahrheit jenseits der Oberfläche. Es lädt dazu ein, die Begrenzungen der Sinne und die Notwendigkeit der Reflexion zu erkennen, um die verborgenen Ebenen der Existenz zu enthüllen. Dieses metaphorische Konzept hat über die Jahrhunderte hinweg Philosophen, Denker und Künstler inspiriert und bleibt eine wichtige Quelle der Erkenntnis über die Natur der Realität und des menschlichen Bewusstseins.
Die Fabel von den Kugelmenschen
„Es war in alten Zeiten, da war die Beschaffenheit der Menschen eine andere. Damals waren die Menschen kugelförmig mit zwei Gesichtern und jeweils vier Armen und vier Beinen. Sie waren von großer Kraft und großer Stärke und sie waren so vollkommen, dass sie die glücklichsten und freundlichsten Wesen auf Erden waren.
Doch dies erregte bei Zeus und den anderen Göttern Neid und Missfallen, fürchteten sie doch, dass ihnen die Menschen zu ähnlich seien und sie ihnen deshalb nicht mehr die gebührende Verehrung zuteil werden ließen. So berieten sie, was sie mit den Menschen anfangen sollten. Lange wussten sie sich keinen Rat, denn sie wollten die Menschen nicht töten und zugrunde richten.
Nach langen Überlegungen sprach Zeus: „Ich glaube, einen Weg gefunden zu haben, wie die Menschen erhalten bleiben können, wie sie aber gehindert werden, uns zu ähnlich zu sein. Ich will jeden von Ihnen in zwei Hälften zerschneiden und sie so schwächen. So werden sie als schwache Menschen uns lieben und uns verehren.“ So wurden die Menschen zusammen gerufen, indem die Götter ihnen ein neues, großes Abenteuer versprachen. Stattdessen aber schleuderte Zeus Blitze vom Himmel, die jeden Menschen in zwei Hälften zerschnitten.
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Und damit sich die zusammengehörigen Hälften nicht wieder zusammentun konnten, zerstreuten die Götter die Menschen überdies über die ganze Erde. Als nun so ihre Körper in zwei Teile zerschnitten waren, da sehnte sich jede Hälfte mit unendlichem Verlangen nach ihrer anderen Hälfte. Zu spät erkannten die Götter, dass sie aus Selbstsucht großes Leid unter die Menschen gebracht hatten.
Und so gelobten sie, dass sich zwei zueinander gehörige Kugelhälften wieder untrennbar vereinen dürften, wenn sie einander gefunden hätten. So sucht seit damals jeder Mensch den zu ihm gehörenden Menschen, um sich mit ihm wieder zu verbinden.
Seit so langer Zeit ist demnach die Liebe zueinander den Menschen eingeboren. Sie ist die Kraft, die den Menschen nach seiner anderen Hälfte suchen lässt.
Durch die Liebe erkennt er den Menschen, der zu ihm gehört. Und die Liebe macht aus den zweien wieder eins. So kommt es, dass sich immer wieder zwei zueinander gehörende Menschen wiederfinden und sich glücklich vereinen. Und wenn sich ein Kugelmensch so wiedergefunden hat, kann ihn nichts mehr wieder auseinander reißen.“
Platon