StartKommunikationGemeinsam alt werden -ein überholtes Lebensmodell?

Gemeinsam alt werden -ein überholtes Lebensmodell?

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letzte Aktualisierung am 29. August 2021 durch Redaktionsteam

In meinen Gesprächen und Sitzungen dreht es sich fast immer um Beziehungsthemen. Meist um Paarbeziehungen. Und sehr oft um Anschuldigungen an den Partner. Es geht um mangelnde Empathiefähigkeit, die gern mit vorausgesetzten telepathischen Fähigkeiten verwechselt wird.

Du kannst mich einfach nicht verstehen

Ein sehr beliebter Satz „Wenn Du mich wirklich liebst, dann wüsstest Du, was ich will.“ Doch ist das wirklich so? Einerseits wollen wir nicht be- und verurteilt werden, andererseits soll unser Partner aber intuitiv wissen, was gerade das Beste für uns ist. Dieses Vorhaben ist nicht nur schwierig , sondern meist auch zum Scheitern verurteilt.

Je weiter die Beziehung fortschreitet und andauert, desto schwieriger wird dieses Unterfangen manchmal. Weil wir Menschen häufig vergessen, unseren Partner auf unserem Entwicklungsweg mitzunehmen.

Wir lassen ihn nicht oder nur sehr wenig an unserem Leben teilhaben. Häufig ergeben sich unterschiedliche Interessen und es entsteht ein Ungleichgewicht.

Ein Partner hat ein erfüllendes Hobby gefunden und der andere „dümpelt“ vor sich hin. Es entsteht im besten Fall ein Schweigen zwischen den Beiden, im schlechtesten Fall kommen Vorwürfe, Neid und Mißgunst zum Vorschein. Doch läutet dies direkt den Anfang vom Ende ein?

Ich denke so oft, dass sich viele Schwierigkeiten und Themen direkt lösen ließen, wenn man darüber einfach redet. Sich seinem Partner anvertraut und ihm sein Herz öffnet.

Ihm mitteilt, was einen bewegt und berührt. Welche Probleme einen beschäftigen. Dieses „einfach“ ist dabei so unendlich schwer. Wir ziehen uns zurück, haben Angst von dem so geliebten Menschen be- oder verurteilt zu werden. Ihm unser Gesicht zu zeigen, ihm authentisch und nackt zu begegnen. Aus Angst auf das verschlossene Herz unseres Partners zu treffen, verschließen wir unser Herz schon vorab.

Dabei wünschen wir uns nichts sehnlicher, als die bedingungslose Liebe. So angenommen zu werden, wie wir sind.

Wir reden daher mehr mit anderen Menschen, als mit unserem Partner. „Der versteht mich eh nicht“ – ja, wenn das so ist, wo ist da dann die Grundlage und die Berechtigung für eine Beziehung?

Warum lebt jemand mit einem Partner oder einer Partnerin zusammen, von dem er / sie sich nicht verstanden fühlt?

Und was kann man tun, um diesen Zustand wieder zu ändern?

Die Erkenntnis, dass man in einer Sackgasse gelandet ist, ist schon mal der erste Schritt. Sich hilfesuchend und offen an den Partner zu wenden, der nächste.


Ohne Vorwürfe, voller Verständnis für all die Macken und Versäumnisse. Es ist tapfer und mutig. Und zeigt Wertschätzung dem Partner gegenüber und sich selbst.

Nun gibt es viele einschlägige Ratgeber und es gibt viele Möglichkeiten der Paartherapie. Die Menschen gehen wieder aufeinander zu. Sie sehen sich und den anderen wieder gemeinsam, nehmen sich gegenseitig wahr. Und versuchen sich gemeinsam auf ihrem weiteren Lebensweg.

Die Partner gleiten wieder in ruhigere Fahrwasser und haben diesen Beziehungssturm überlebt. Also können sie jetzt so weitermachen wie vorher? Das wäre keine gute Idee, da ist der nächste Sturm sehr schnell vorprogrammiert.

Und wie schafft man es nun, die Tücken des immer noch bestehenden Beziehungsalltages zu meistern? Wenn man trotz Gesprächstherapie und positiver Psychologie erkennt, dass die gemeinsamen Themen wieder weniger werden?

Wenn sich jeder wieder in seinen Bereich zurückzieht?

Als rational denkende und lebende Menschen, die wir mit verschiedenen Paradigmen, Dogmen, Erfahrungen und Werteverständnissen aufgewachsen sind, gehen wir davon aus, dass man sich schon irgendwie zusammenraufen wird.

Dass es doch irgendwie funktionieren muss, schließlich hat man ja eine Paartherapie absolviert. Wir flüchten uns in Ausreden und Äußerlichkeiten und verleugnen uns dabei selbst.

Wir hören nicht auf unser Herz und schon gar nicht auf unsere Seele. Wir kriechen wieder in unser Mauseloch. Dabei hatten wir es doch eben erst verlassen! Wir treffen wieder auf verschlossene Herzen und wenig Wohlwollen, dafür aber viel Erwartungshaltung von beiden Seiten.

Gerät eine Beziehung ins Stocken, zeigt sich daran auch, dass es etwas zu lernen gibt. Für die Seele.

Es steht eine Weiterentwicklung an. Welchen Schritt will ich gehen? Welche Aufgabe gilt es zu bewältigen? Was brauche ich dafür, um diesen Schritt gehen zu können?

Die Seele strebt immer nach Weiterentwicklung. Ihr Lebensziel ist es, die Liebesfähigkeit in allen Facetten zu erfahren und zu erlernen. Und dazu ist es unumgänglich, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Und das gemeinsam mit dem Partner.

Die Entscheidung für eine gemeinsame Beziehung wurde miteinander getroffen. Doch wie ist es mit den Entscheidungen im Laufe der Beziehung? Trifft man diese immer noch gemeinsam?

Es ist eine schöne Übung und kann auch zu einem gemeinsamen Ritual werden, regelmäßig die Entscheidung füreinander zu erneuern. Und auch regelmäßig zu schauen, ob man noch 100 % gemeinsam hinter der Beziehung steht. Wie man einander begegnet. Authentisch, ehrlich und herzoffen? Ob man gemeinsames Wachstumspotenzial nutzen kann.

Manchmal erkennt man dabei, dass dies nicht mehr der Fall ist. Es gerät die Beziehung so sehr ins Stocken, dass keine gemeinsamen Ziele mehr gesteckt werden können. Auch dann sollte der erste Weg ein Gespräch sein. Dabei fällt uns die Entscheidung, auf den anderen zuzugehen und um ein Gespräch zu bitten. Das ist unendlich schwer. Aus Angst, zu verletzen und verletzt zu werden. Aus Angst, Urteilen ausgesetzt zu sein, aber auch zu urteilen. Angst ist immer die Abwesenheit von Liebe.

„Schmerz entspringt nicht der Liebe, die andere uns verweigern, sondern der Liebe, die wir anderen verweigern. Das verschlossene Herz eines anderen bringt uns in Versuchung, unser eigenes Herz zu verschließen und unsere eigene Verweigerung der Liebe ist es, die uns verletzt und schmerzt.“ so schreibt Marianne Williamson.

Nur weil sich eine Beziehung im Laufe der Jahre ändert, weil sich die Partner weiterentwickelt haben, weil die Seelen ihre Aufgaben und Potenziale erkannt haben, muss man nicht die Verbindung zueinander vollständig aufgeben.
Ein verantwortungsvoller Umgang miteinander beinhaltet ebenfalls die Erkenntnis, dass in manchen Bereichen weiterhin ein Miteinander möglich ist, in anderen getrennte Wege sinnvoller erscheinen.

https://getcreactive.de/lass-uns-einfach-freunde-bleiben/

„Wachstum entsteht aus der Konzentration auf unsere eigenen Lektionen, nicht aus der Konzentration auf die Lektionen einer anderen Person.“ so heißt es in Ein Kurs in Wundern. Zu erkennen, dass ein Partner immer ein Wegbegleiter im eigenen Wachstumsprozess ist, ermöglicht einen Perspektivenwechsel.

Eine Beziehung stellt immer eine Art Spielwiese dar, auf der sich die Beteiligten austoben und ausprobieren können. In den meisten Fällen geht man gemeinsam vom Platz, manchmal erkennt man allerdings auch, dass Veränderungen eingetreten sind. Dass dieses Spielfeld nicht mehr für beide Partner passt. Und dass der faire und wertschätzende Umgang miteinander die wohl größte Herausforderung darstellt.

Die Verbindung zu einem Seelenpartner bleibt einem erhalten. Nur geht man andere Lebenswege. Das Ende einer Beziehung setzt häufig Möglichkeiten frei, die einem vorher verborgen blieben.

Ein Ende ist nie ein Ende. Es ist immer der Beginn von etwas Neuem.

Jessica Arndt

 

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